Kolumne von Prof. Dr. Thomas Beyerle, Studiendekan Master BWL

In unserer Wirtschaftsordnung sind wir es gewohnt, dass (fast) alles ein Preisschild hat. Davon lässt sich das Wirtschaftssubjekt, sprich der oder die Käufer*in, bei seinen Entscheidungen leiten. Das gilt für die Hausbesitzerin, den Autofahrer oder auch beim gemeinsamen Restaurantbesuch. Seit dem kriegerischen Überfall des Sytems Putin auf die Ukraine im Februar 2022 hat insbesondere das Preisschild für Energie eine neue Dimension erreicht und damit das Verhalten beeinflusst. „Es kam plötzlich“, hieß es anfangs und – wen wundert es –, die enormen Preisanstiege sowie die daraus resultierende Rekordinflation haben das Ausgabeverhalten deutlich und nachhaltig verändert.  

Doch es gibt auch einen mittelfristigen Weg, Energie zu bepreisen und damit die Klimaveränderung ökonomisch zu bekämpfen. Das mag sich auch der Gesetzgeber gedacht haben, als er – freilich mit kräftigem Druck des Weltklimarats, der Finanzmärkte und Lobbyisten – beschloss, dem klimaschädlichen CO2 ein Preisschild umzuhängen, auf dass der Markt reagiere! Die Bundesregierung hatte bereits zum Jahreswechsel 2020/21 eine CO2-Bepreisung für Wärme und Verkehr eingeführt, das nationale Emissionshandelssystem (nEHS). Damit erhält der Ausstoß von Treibhausgasen beim Heizen oder Autofahren einen Marktpreis. Im besten Fall führt dies zu einer Verhaltensänderung und damit zu einer deutlichen Reduktion des CO2-Ausstoßes.

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Wie sieht das konkret aus? Im Januar 2021 lag der neue CO2-Preis zunächst bei 25 Euro pro Tonne. Bis 2025 wird er schrittweise auf bis zu 55 Euro steigen. Für das Jahr 2026 soll ein Preiskorridor von mindestens 55 und höchstens 65 Euro gelten. Soweit die Planung, doch durch den Krieg wurde der  Stufenplan nicht konsequent umgesetzt, mehr noch: es mehren sich die Stimmen aus der Regierung selbst, von Klimaschützern, aber auch aus der Industrie, dass diese Werte viel zu niedrig sind, um eine messbare Wirkung zu erzielen.  

Ich bin mir sicher: In den kommenden Monaten, bei einem wieder stärk Fuß fassenden konjunkturellem Umfeld, wird eine Zunahme des CO2-Preises auch politisch durchsetzbar sein.  

Für die Immobilienmärkte steht derweil das Energiemanagement mit Blick auf die kommenden Winter im Vordergrund, doch bei der Frage wie z.B. bei Immobilien mittel- bis langfristig der CO2-Ausstoß im Bestand reduziert werden kann, finden sich viele Meinungen und Wege zwischen Eigentümer, Mieter und Gewerk. Gleichwohl: Durch Sanierungen und Neubautätigkeiten konnten die CO2­-Emissionen von 210. Mio. Tonnen im Jahr 1990 auf 120 Mio. Tonnen im Jahr 2020 reduziert werden. Ziel sind weitere Einsparungen bis zum Jahr 2030 auf 67 Mio. Tonnen.

Porträt Mann mit zwei Handys in der Hand
Porträt Mann mit zwei Handys in der Hand

Die wichtigsten Punkte zum aktuellen Stand und Fahrplan bei Immobilien:

- Am 1.1.2023 ist das Kohlendioxidaufteilungsgesetz in Kraft getreten, das die Aufteilung der Kosten der CO2-Abgabe zwischen Vermietern und Mietern nach einem Stufenmodell regelt. Maßstab: die energetische Qualität eines Gebäudes.

- Fehlende Datengrundlage verhindert derzeit die Umsetzung eines einheitlichen Verfahrens im Bereich Nichtwohngebäude.

- Ziel: Bis Ende 2024 ist eine Datenerhebung und bis Ende 2025 eine Installation eines einheitlichen Verfahrens im Segment Nichtwohngebäude geplant.

Natürlich sollte es schneller gehen, mangelnde Datenverfügbarkeit sind oftmals der Engpassfaktor bei Bestandsgebäude – aber am Willen von Regierung und Investoren diesen Weg zu beschreiten, mangelt es nicht. Smart Metering wäre hier als eine Maßnahme zu nennen – mittlerweile bieten viele Energieversorger diese Möglichkeit an.

Klar ist auch, dass es wertverändernde Effekte geben wird. Für den sog. Häuslebauer wird es nicht einfacher. Zumal das Altersvorsorgeversprechen der Politik und letztlich auch der Finanzierierungsinstitute für die Generation Baby Boomer „mit dem abbezahlten Eigentum schuldenfrei in den Ruhestand zu gehen“ ins Wanken gerät. Der Sanierungsstau entpuppt sich nach 35 Jahren primär als Energiethema. Einfacher formuliert: Mit fossilen Brennstoffen im Keller („Ölheizung“) entfernt sich eine Immobilie immer stärker von der sog. Wertstabilität. Abschläge beim Verkauf oder Vererben müssen also einkalkuliert werden, jenseits vom sog. Immobilienzyklus. Doch gerade in den daraus – hoffentlich – folgenden energetischen Sanierungen kann der Bestand („ein altes Gebäude“) auf ein zeitgemäßes Niveau gehoben werden.

Deshalb kommt der simplifizierten Aussage „Alles wird teurer“ eine Doppelfunktion zu: sie ist Klage und Lösung zugleich. Investitionen werden durch das CO2-Preismodell eher getätigt, denn verhindert.  

Professor Thomas Beyerle lehrt Immobilienwirtschaft und Immobilienresearch im Studiengang BWL, Schwerpunkt Bau und Immobilien an der Hochschule Biberach. Seit 25 Jahren ist er in der Immobilienwirtschaft tätig, so aktuell als Geschäftsführer der Catella Property Valuation GmbH sowie als Head of Group Research für die Catella-Gruppe.