Erweiterung der Johansen-Theorie zur Bestimmung der Verformung von stiftförmigen Verbindungsmitteln

Projektleitung:

Prof. Dr.-Ing habil Jörg Schänzlin (IfH)

PhD Jacobo Manuel Diaz, Profesor Titular de Universidad (UDC)

Projektbearbeitung: Johann Riepe, M.Eng.

Projektpartner: Universidade da Coruña (UDC)

Laufzeit: 03.2022 -

Projektbeschreibung:

Um die Verformung von Anschlüssen mit stiftförmigen Verbindungsmitteln für Holzbauwerke bestimmen zu können, werden in Normen und Regelwerken wie dem Eurocode [1] bisher im Wesentlichen empirisch ermittelte Gleichungen verwendet. Im Gegensatz dazu wird bei der Ermittlung der Tragfähigkeit eine geschlossene Lösung verwendet, die von einem ideal-plastischen Verhalten des Lochleibung und des Verbindungsmittels ausgeht. Dabei werden zwar verschiedene Einflüsse wie Versagensmodus, Lochleibungsfestigkeit, Kraft-Faser-Winkel und Stahlfestigkeit berücksichtigt, aber bei der Bestimmung der Steifigkeit gehen nur die Dichte des Holzes und der Durchmesser des Verbinfundsmittels in die Berechnung ein. Dies bedeutet jedoch, dass bei der Ermittlung der Steifigkeit einige Einflussgrößen, die bei der Bestimmung der Tragfähigkeit berücksichtigt werden, vernachlässigt werden. Diese Ungenauigkeit kann in einigen Fällen zu Differenzen in den berechneten Kräften innerhalb eines Tragwerkssystems führen, da die Steifigkeit von Verbindungen maßgeblich an der Verteilung der Schnittgrößen beteiligt ist.

Um diese Lücke zu schließen, ist es notwendig, eine Berechnunsgformel zur Bestimmung des Last-Verformungsverhaltens herzuleiten, die alle wichtigen Einflussgrößen wie bei der Tragfähigkeitsermittlung nach Johansen [2] berücksichtigt. Diese ursprüngliche Johansen-Theorie geht bisher von einem idealplastischen Verhalten der Materialien aus. Die ideal-plastische Annahme ermöglicht eine Bestimmung der Tragfähigkeit mit den oben erwähnten Einflussgrößen. Es konnte jedoch keine Aussage über die Verformung der Verbindung und damit keine Aussage über die Steifigkeit getroffen werden.

Abbildung: verformtes Verbindungsmittel in einem aufgesägten Versuchskörper

Verformtes Verbindungsmittel
Verformtes Verbindungsmittel

Im Rahmen dieser Untersuchungen wird daher die bisherige Theorie nach Johansen um das elastische Verhalten erweitert, so dass im Gegensatz zur ursprünglichen Theorie in dieser Herleitung ein elastisch-plastisches Verhalten für die Materialien berücksichtigt werden kann. Mit dieser Erweiterung werden die möglichen Versagensarten untersucht und somit analytische Grundgleichungen für jede einzelne von ihnen abgeleitet. Da die Grundgleichungen dieses neuen Ansatzes jedoch nur teilweise analytisch gelöst werden können, wird nach linearen (bilinearen und trilinearen) Näherungen gesucht, die das Verformungsverhalten in einer ausreichenden Genauigkeit darstellen. Damit kann die Steifigkeit der Verbindung auf der Basis der Tragfähigkeit nach Johansen berechnet werden mit dem Vorteil, dass alle wichtigen Einflussgrößen berücksichtigt werden.

In einer früheren Arbeit [3] wurden die für diese Berechnung mit dem neuen Ansatz notwendigen Eingangswerte durch den Vergleich der Berechnung mit experimentell ermitteltem Last-Verformungsverhalten verifiziert. Es zeigt sich, dass die Lochleibungsfestigkeit und das plastische Fließmoment der Verbindungselemente im Allgemeinen aus Empfehlungen in der Literatur übernommen werden können. Die unbekannten Parameter sind somit der Wert für die effektive Bettung der Verbindungselemente und der Winkel des Übergangs vom elastischen zum plastischen Zustand des Verbindungselements. Zur Überprüfung der Parameter wurde das experimentell ermittelte Last-Verformungsverhalten mit den erweiterten Grundgleichungen numerisch nachgerechnet und die Differenz zwischen der Nachrechnung und der Messung durch Iteration der unbekannten Parameter minimiert.

Mit den bisherigen Einflussgrößen der Johansen-Theorie aus der Literatur und den iterativ ermittelten neuen Einflussgrößen aus den Versuchen konnte das Last-Verformungsverhalten mit nur geringen Abweichungen nachgerechnet werden. Der Einfluss von verstärkten Verbindungen und der Seileffekt bei Schraubenverbindungen ist jedoch noch nicht geklärt.

Diese ersten Ergebnisse sind vielversprechend, müssen aber weiter untersucht und vertieft werden. Die Aufgabe besteht darin, die teilweise komplexen Gleichungen zu überarbeiten, weitere Vereinfachungen zu finden und die abgeleiteten Formeln in der Praxis anwendbar zu machen. Darüber hinaus müssen die neuen Parameter im Vergleich zur bisherigen Johansen-Theorie experimentell untersucht werden.

Quellen:
[1] EN 1995-1-1:2004+A1:2008. Eurocode 5: Design of timber structures - Part 1-1: General - Common rules and rules for buildings. European Committee for Standardization, 2008.
[2] K. W. Johansen. Theory of Timber Connections. International Association of Bridge and Structural Engineering, 1949.
[3] U. Kuhlmann; J. Schänzlin; J. Gauß; J. Riepe. Economic dimensioning of wooden structures through efficient steel-timber dowel connections - Project-Number: AiF IGF 20625 N